Schwimmen mit gutem Gewissen
Schwimmbäder gelten aufgrund der hohen Betriebskosten häufig als große Belastung für öffentliche Haushalte. Doch es geht auch anders: Schwimmbäder im äußerst energieeffizienten Passivhaus-Standard können Kommunen langfristig deutlich entlasten. Das belegen die beiden Passivhaus-Hallenbäder in Bamberg und Lünen, bei deren Umsetzung das Passivhaus Institut beratend zur Seite stand.
Das Passivhaus Institut hat die Pilotprojekte ausgewertet und Empfehlungen dazu nun in einem kostenlosen Leitfaden zur Planung von energieeffizienten Bädern veröffentlicht. Auch für einen optimierten Betrieb bereits bestehender Bäder ist der Leitfaden nützlich.
Hohe Raumtemperaturen
Schwimmbäder sind ein gern genutztes Angebot. Für die Kommunen sind sie jedoch häufig eine finanzielle Belastung, da sie jährlich mit hohen Betriebskosten zu Buche schlagen: Hallenbäder haben das ganze Jahr über hohe Raumtemperaturen von rund 32 Grad und benötigen daher für die Beheizung und zusätzlich für die Bereitstellung von warmen Wasser viel Energie. Hinzu kommt der hohe Stromverbrauch für die gesamte Technik. „Gerade in Hallenbädern lässt sich daher mit einer guten Gebäudehülle und einer Lüftungsanlage mit effizienter Wärmerückgewinnung der Energieverbrauch deutlich senken“, erklärt Søren Peper vom Passivhaus Institut in Darmstadt.
Hilfreicher Leitfaden
Dass das gut funktioniert, beweisen die beiden ersten Hallenbäder im Passivhaus-Standard: das Freizeitbad Bambados im bayerischen Bamberg sowie das Lippe-Bad im westfälischen Lünen. Beide Bäder öffneten im Jahr 2011. Esther Gollwitzer, Jessica Grove-Smith und Søren Peper vom Passivhaus Institut begleiten die Projekte seit der Planungsphase. Mit dem nun veröffentlichten Leitfaden unterstützt das Passivhaus Institut die Planung und den Bau von Hallenbädern im Passivaus-Standard. Auch bereits bestehende Bäder können von dem Leitfaden profitieren.
Pilotprojekte beraten
Esther Gollwitzer vom Passivhaus Institut: „Mit dem aktuellen Forschungsbericht und dem dazugehörigen Leitfaden wird das bisherige Wissenaufgearbeitet, damit es in zukünftigen Projekten noch zielgerichteter angewendet werden kann. Mit den bisherigen Erfahrungen lassen sich noch weitere Einsparpotentiale erschließen.“Die Forschungsarbeiten wurden von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert. Mit Unterstützung der DBU sind zudem zwei Seminare zum Passivhaus-Konzept bei Hallenbädern geplant: am 28.Oktober 2019 in Hannover, am 6. November 2019 in Nürnberg. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde betont, dass der in den Seminaren vorgestellte Planungsleitfaden den Bau weiterer Hallenbäder befördern könne. Zudem enthalte dieser in der Praxis gut handhabbare Hinweise zur Betriebsüberwachung und Betriebsoptimierung.
Das Passivhaus-Konzept bei Hallenbädern spart deutlich Energie ein. Einige Beispiele:
- Grundlage für hohe Energieeinsparungen im Passivhaus-Hallenbad sind eine thermisch hochwertige Hülle sowie eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. In konventionellen Bädern wird üblicherweise die Verglasung mit Umluft angeblasen, um Kondenswasser an den Scheiben zu vermeiden. Das ist in einem Passivhaus-Hallenbad nicht mehr nötig. Dadurch wird ingroßem Umfang Strom eingespart (Abbildungen rechts).
- Um den Energiebedarffür die Becken bereits während der Planungsphase zu optimieren, entwickelte das Passivhaus Institut eine Berechnung zur Energiebilanz von Schwimmbecken.
- Für den Leitfaden analysierte das Passivhaus Institut Bereiche der Gebäudetechnik hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit. Für das Lippe-Bad ist es besonders lohnenswert, das Abwasser aufzubereiten, das beim Spülen der Filter entsteht, sowie die Abwärme des Blockheizkraftwerkes zu nutzen. Generell werden wassersparende Duschköpfe sowie eine Reduzierung der Druckverluste im Rohrleitungsnetz empfohlen.
- Inbetriebnahme und Betriebsoptimierung haben einen erheblichen Einfluss auf den Energieverbrauch. Im Freizeitbad Bambados reduzierte eine geänderte Regelung der Lüftungsanlagen deren Stromverbrauch um rund 60 Prozent.
Analyse der Energieverbräuche
Bereits 2009 untersuchte das Passivhaus Institut (PHI) in einer Grundlagenstudie, unter welchen bauphysikalischen und tech-nischen Bedingungen das Passivhaus-Konzept in öffentlichen Hallenbädern umgesetzt werden kann. Zusätzlich veröffentlichte das PHI nach einem mehrjährigen Monitoring zu beiden Bädern2013 und 2015 detaillierte Forschungsberichte. Diese Berichte widmen sich auch der Betriebsoptimierung der Passivhaus-Hallenbäder. Die Analyse der Energieverbrauchswerte geht in den nun veröffentlichten Leitfaden ein und ermöglichtkonkrete Empfehlungen, unter anderem für Badewassertechnik, Wasserattraktionen, Duschen etc.
Hohe Behaglichkeit, niedrige Energiekosten
„Hallenbäder sind sehr technikintensiv. Eine gute Planung und eine nutzerordinierte Inbetriebnahme sorgen dafür, dass das Hallenbad rund läuft. Dann können sich alle Beteiligten über niedrige Energiekosten, hohe Behaglichkeit sowie die Langlebigkeit des Gebäudes freuen“, erklärt Jessica Grove-Smith vom Passivhaus Institut. Die Physikerin berät derzeit ein Bäderprojekt in der südenglischen Stadt Exeter.