Passivhaus-Pioniere erhalten internationalen Nachhaltigkeitspreis
Für ihren Beitrag zur Energieeffizienz von Gebäuden haben die Pioniere des Passivhauses einen hochkarätigen Preis erhalten: In der schwedischen Universitätsstadt Lund wurden Prof. emer. Bo Adamson und Prof. Dr. Wolfgang Feist am Donnerstag dem 18.09. mit dem „Sustainable Building Award“ („Årets Framtidsbyggare“) geehrt. Vor mehr als 25 Jahren erarbeiteten die beiden Bauphysiker das Konzept eines Gebäudes, das ohne aktive Heizung auskommt.
Heute ist der daraus hervorgegangene Passivhaus-Standard eine zentrale Grundlage für energieeffizientes Bauen in der ganzen Welt. Überreicht wurde der Preis von der früheren EU-Umweltkommissarin Margot Wallström.
Die Leitidee zum Passivhaus wurde 1988 während eines Forschungsaufenthalts von Wolfgang Feist in Lund ausgearbeitet – Adamson war dort sein wissenschaftlicher Gastgeber. Mit Förderung durch das Land Hessen wurde 1990 in Darmstadt das erste Gebäude nach diesem Prinzip tatsächlich erstellt und in den folgenden Jahren systematisch untersucht. 1996 gründete Wolfgang Feist das Passivhaus Institut, das heute eine internationale Spitzenposition in der Forschung und Entwicklung von Konzepten, Komponenten und Planungswerkzeugen für besonders energieeffiziente Gebäude belegt. Auch Bo Adamson hat das Thema Passivhaus an der Universität Lund bis zu seiner Emeritierung weiter verfolgt.
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Passivhaus – weil Energieeffizienz Garant für 100% Erneuerbare ist
Die fünf Grundprinzipien des Passivhauses sind eine besonders gute Wärmedämmung, das Vermeiden von Wärmebrücken, hochwertige Passivhaus-Fenster, eine luftdichte Gebäude-Hülle und die Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung. Bereits mit dem ersten Pilotprojekt in Darmstadt wurde nachgewiesen, dass so bei konsequenter Planung ein vernachlässigbarer Heizenergieverbrauch verbleibt – gegenüber herkömmlichen Gebäuden beträgt die Einsparung etwa 90 Prozent. In späteren Forschungsprojekten konnte Zug um Zug gezeigt werden, dass das Prinzip bei praktisch jeder Gebäudenutzung, unabhängig vom Baustil und auch bei jedem Klima funktioniert, solange der Heizwärme- und der Kühlkältebedarf unter systematisch vorgegebenen Grenzen bleibt. Damit ist nicht nur bester Komfort garantiert, sondern auch eine wirtschaftliche smarte Versorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren Energieträgern möglich – eben dem Passivhaus Plus.
In Lund die Weichen für weltweite Energiewende gestellt
„Gerade an der Universität Lund einen solchen Preis zu bekommen, das ist eine große Ehre für uns“, sagte Wolfgang Feist. „Hier wurden die Weichen dafür gestellt, dass weltweit eine attraktive, komfortable und auch bezahlbare Lösung für den Klimaschutz entstand.“
Schon 25 Jahre nach den ersten theoretischen Überlegungen hat sich der Passivhaus-Standard mit mehreren zehntausend gebauten Projekten international etabliert. Ermöglicht wurde diese Entwicklung dadurch, dass die Mehrkosten für die verbesserte Bauqualität immer weiter gesunken sind. Angesichts der eingesparten Heizkosten zahlen sich solche Investitionen heute regelmäßig nach wenigen Jahren aus. Passivhäuser sind damit nicht nur energieeffizient und komfortabel, sondern auch besonders wirtschaftlich. Und sogar im kalten Norden Schwedens ist der Passivhaus-Standard nach PHPP umsetzbar.
In ihrer Festrede würdigte die frühere EU-Umweltkommissarin Margot Wallström die globale Bedeutung des Passivhauses für den Klimaschutz. So ist die für Ende Oktober in Brüssel geplante EU-weite Senkung der CO2-Emissionen um 40 Prozent bis 2030 erst durch die enormen Einsparungspotentiale von 90 Prozent beim Passivhaus-Standard real erzielbar. „Dazu ist unter dem Motto „Yes, we do!“ in ganz Europa die Politik aufgefordert das seit 25 Jahren technisch und ökonomisch Machbare auch in breitem Stil nun umzusetzen,“ fordert Feist die Regierungen zum Handeln auf. Dass dies keine Utopie ist, zeigen Brüssel und Luxembourg vor, wo ab 2015 bzw. 2017 das Passivhaus ganz selbstverständlich Mindeststandard ist.
In Österreich beklagt man derweil die sehr ernüchternden Ergebnisse des ersten österreichischen Klimawandelberichtes, wonach Österreich bereits jetzt mit einer 2°C Erwärmung weit stärker als viele Weltregionen vom Klimawandel betroffen ist und noch stärker künftig sein wird. Gleichzeitig steckt die Regierung aber Österreich mit dem Nationalen Plan für 2020 vom ehemaligen Vorreiter in Sachen energieeffizientes Bauen zu einem der Schlusslichter in der EU zurück, wenn es bei den bescheidenen Ansätzen nach diesem Plan bleiben sollte. Mit einer konsequenten Umsetzung des Passivhaus-Standards wie in Brüssel könnte Österreich alleine im Neubauvolumen 2020 eine jährliche zusätzliche Einsparung von 3.200 GWh an Primärenergiebedarf erzielen. Dies entspricht etwa dem 3-fachen Wärmeprimärenergiebedarf von ganz Graz und würde wesentlich zur Unabhängigkeit gegenüber den Gnaden von Gaslieferungen aus Russland beitragen. Das Schöne ist allerdings, dass sich Jeder selbst entscheiden kann, unabhängig von fossilen Energieträgern zu leben, gebaute Beispiele dafür gibt es in großer Zahl auf der ganzen Welt. Von 7. – 9. November können wieder weltweit bei den „Tagen des Passivhauses“ sich die Menschen selber ein Bild von den hohen Qualitäten des Passivhaus-Standards machen. Infos dazu unter www.passivhaus-austria.org und www.passivhausprojekte.de
Der „Sustainable Building Award“ wird von der schwedischen Stiftung SUEB in Kooperation mit der Universität Lund vergeben. Wolfgang Feist und Bo Adamson wurden in der Kategorie „Innovatoren“ ausgezeichnet. Eine Ehrung als „Multiplikatorin“ erhielt Ing-Marie Odegren, Leiterin einer Wohnbaugesellschaft in der Stadt Alingsås. In einer dritten Kategorie wurden zudem junge „Talente“ der Universität Lund gewürdigt. Für den 2014 erstmals ausgelobten Preis stellt die SUEB (Stiftelse för utveckling av energieffektivt byggande) ein jährliches Preisgeld von insgesamt etwa 130.000 Euro (1,2 Millionen Kronen) zur Verfügung. Weitere Informationen zur SUEB-Stiftung und zu dem Award befinden sich unter: www.aretsframtidsbyggare.se
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