Passivhaus weltweit!
Die erste Passivhaustagung in China – Ein voller Erfolg für Passivhaus Institut und Partner
"1,5 Grad sind noch möglich!"
„Energieeffizienz zuerst“, um die Klimaziele von Paris zu erreichen, darin waren sich bei der 23. Internationalen Passivhaustagung in Gaobeidian alle Eröffnungsredner einig. Die Umweltwissenschaftlerin Diana Ürge-Vorsatz wies als Mitglied des Weltklimarats IPCC darauf hin, dass der Juli 2019 der heißeste Monat seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen war. Die gute Nachricht: „Auch wenn viele nicht mehr daran glauben, das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist noch erreichbar. Allerdings unter großen Anstrengungen. Die Zeit ist knapp!“, so Ürge-Vorsatz.
Der Politiker und Co-Präsident des Club of Rome, Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker sprach in seinem Vortrag über eine neue Denkweise für unsere Welt, die sich schließlich auf Gleichgewicht, Stabilität und ökologische Wiederherstellung konzentriert.
Beeindruckendes Engagement
„Es war genau die richtige Entscheidung, nach China zu gehen. Das Engagement zum höchst energieeffizienten Bauen und zur nachhaltigen Entwicklung beeindruckt uns, gerade hier in der Provinz Hebei. Wir gehen diesen Weg gerne weiter mit“, erklärte Prof. Dr. Wolfgang Feist, Gründer des Passivhaus Instituts. In Gaobeidian begleitet das Passivhaus Institut die Entwicklung der Passivhaus-Siedlung Bahnstadt, die nach dem Vorbild der deutschen Bahnstadt in Heidelberg auf höchste Energie-effizienz im Passivhaus-Standard setzt. Wenn die über 20 Hochhäuser sowie mehrere Mehrfamilienhäuser fertig gestellt sind, wird die Bahnstadt Gaobeidian die größte Passivhaus-Siedlung der Welt sein.
„Warum bauen wir noch anders?“
Im Gebäudebereich böten gerade Passivhäuser die Chance, den Bedarf an Energie deutlich zu reduzieren und gleichzeitig den Bonus von erhöhtem Wohnkomfort zu genießen. „Passivhäuser sind mit demselben Budget möglich wie an-
dere Gebäude, außerdem gesünder, warum bauen wir überhaupt noch anders?“, fragte Ürge-Vorsatz. Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker nannte mit Blick auf die Grenzen des Wachstums den derzeitigen Lebensstil „selbstmörderisch“. Auch von Weizsäcker betonte die Notwendigkeit, den Energiebedarf deutlich zu reduzieren und z. B. anstatt auf neue Kohlekraftwerke auf klimaneutrale Technologien zu setzen. Er sprach sich dafür aus, die Preise für Energie jährlich zu erhöhen.
Passivhäuser lösen Probleme
Ni Haiqiong, Geschäftsführer des Mitveranstalters Orient Sundar Group, betonte, dass Energieverbrauch und Umweltverschmutzung ernsthaft zugenommen haben. Er skizzierte die Entwicklung in China von traditionellen Fenstern und Türen hin zur wachsenden Industrie mit Passivhaus-Komponenten.
Vizegouverneur Zhang Gujiang erklärte, mit dem Passivhaus-Standard werde in der Provinz Hebei auf die Zukunft gesetzt. Die Passivhaustagung in China sei der Grundstein dafür, damit diese Technologie in der Region weiter Fuß fasse. Umweltingenieur Dr. Hou Lian erläuterte, dass unter anderem mit Passivhäusern die durch klassische Bauweise entstandenen Probleme mit der Luftqualität gelöst werden könnten.
„Passive“ Zukunftsaussichten
Prof. Xu Wei, Vorsitzender der China Passive Building Alliance, verwies in seiner Eröffnungsrede auf den 13. Fünfjahresplan für den Zeitraum 2016 bis 2020. Darin habe das chinesische Bauministerium zum ersten Mal den Niedrigenergiestandard gefordert und damit die Grundlage für energieeffizientes Bauen in China gelegt. Er skizzierte zudem das Ziel Chinas, sukzessive den Energiebedarf der Gebäude auf fast Null zu reduzieren.
Zhang Xiaoling, Direktorin des Beijing Kanqiju Certification Center, erklärte, dass Passivhäuser die Gesundheit sowie den Lebensstandard der Chinesen verbesserten. Weitere Herausforderungen seien nun die Qualitätskontrolle der Gebäude sowie die Weiterbildung der am Bau Beteiligten.
Fast 80 Zertifikate aus China
In seinem Vortrag skizzierte Prof. Dr. Wolfgang Feist die erfolgreiche Geschichte von Passivhäusern in China. Er erklärte zudem, dass es gerade in wärmeren Regionen nötig sei, während der Sommermonate mit reduziertem Energieeinsatz zu kühlen und dazu z.B. die solaren Lasten zu verringern. „Zusammen mit angemessener Dämmung und verbesserten Komponenten verbessert sich auch die Qualität der Raumluft erheblich“, so Feist. Er verwies dabei auf die mittlerweile rund 80 Fenster von chinesischen Herstellern, die ein Zertifikat als Passivhaus-Komponente erhalten haben und mindestens doppelt so effizient sind wie die konventionellen Produkte.
Innovationen
Zahlreiche Passivhäuser erhielten in Gaobeidian ihr Gebäudezertifikat. Zudem verlieh das Passivhaus Institut Zertifikate für unterschiedliche Komponenten und den Innovation Award. Dieser ging an das Unternehmen EcoCocons, Slowakei/Litauen, für sein Konstruktionssystem aus Stroh, an Q-Blue, Niederlande, für sein System zur Duschwasser-Wärmerückgewinnung, an Swisspacer, Schweiz, für das neue Fenster-Abstandhalterkonzept Triple sowie an Windoor City, China, für ein Holzfensterkonzept mit Aluminiumschale, das an alle Klimazonen angepasst werden kann
Component Award 2019
Am Component Award 2019 für thermisch verbesserte Fenster, den die Europäische Union im Rahmen des Projekts AZEB (Affordable Zero Energy Buildings) förderte, beteiligten sich über 23 Unternehmen aus 12 Ländern. Der erste Preis in der Kategorie kaltes Klima ging an den Hersteller Harbin Sayyas Windows aus China für das Fenster PAZEN 120, für das kühl-gemäßigte Klima an ENERsign aus Wittlich für das Fenster ENERsign primus, für das warm-gemäßigte Klima an Daimaru Kogyo (Japan), Blumer Lehmann (China) und SEDA (Neuseeland) für das Holz-Aluminiumfenster smartwin compact sowie an Eurofinestra aus Italien für das Holzfenster ZEN. Die 14 Preisträger sind auf der Webseite des Passivhaus Instituts veröffentlicht.
Fachausstellung
Auch die begleitende Fachausstellung mit ca. 1.000 Ausstellern zog ein großes und interessiertes Publikum an. Hier informierten sich auch viele Besucher des gleichzeitig stattfindenden Windoor Festivals über Komponenten zum energieeffizienten Bauen. Das Passivhaus Institut und die internationale Netzwerkorganisation iPHA präsentierten sich ebenfalls auf der Fachausstellung in Gaobeidian mit einem eigenen Stand.
Exkursionen
Der dritte Tag der Passivhaus Tagung führte die Besucher zu verschiedenen Exkursionen mit spannenden Passivhaus Projekten in China; In die weltweit größte Passivhaus-Siedlung Bahnstadt sowie anschließend zu Passivhaus-Projekten nach Peking, Zhuozhuo und Baoding. Während der ganztägigen Exkursionen wurden Wohnungen, Bürogebäude, sowie das Passivhaus Museum in der Bahnstadt Gaobeidian besichtigt und eine Übersetzung ins Englische bzw. Chinesische wurde konsekutiv bereitgestellt.
Auch nach der Tagung gab es die Möglichkeit an der Passivhaus Open Day Tour teilzunehmen und weitere Passivhaus-Projekte zu besichtigen.
Workshops auf Chinesisch
Neben den 20 Vortragsreihen zu Passivhaus-Projekten, erweiterten 14 Workshops das Tagungsprogramm in Gaobeidian. Bereits vor der Tagung bot das Passivhaus Institut Basic Workshops zum Planungstool DesignPH oder dem Passivhaus Projektierungspaket (PHPP) auf Chinesisch an. Nach der Tagung fanden außerdem vertiefende Workshops zu Luftdichtheit, Entfeuchtung oder Fenstern sowie der Sinfonia-Workshop zu Klimaschutz auf Quartiersebene auf Englisch statt. Speziell für Kursanbieter von Kursen für zertifizierte Passivhaus Designer und Handwerker fand zusätzlich der Train-the-Trainer Kurs an zwei Tagen statt.
Architekturpreis 2020
Auf der Tagung lobte das Passivhaus Institut den „2020 Passive House Award“ aus. Der Architekturpreis für energieeffiziente Gebäude und hochwertige Architektur richtet ein besonderes Augenmerk auf die Versorgung der Gebäude mit regenerativer Energie. Bis Juni 2020 können Passivhäuser, die zertifiziert sind, für diesen Architekturpreis eingereicht werden. Die Preisverleihung findet während der 24. Internationalen Passivhaustagung am 20. und 21. September 2020 in Berlin statt. www.passivhaustagung.de
Danke!
Wir haben uns sehr über diese besondere Tagungswoche in Gaobeidian/China gefreut und sind dankbar für all die schönen Dinge, die wir lernen und teilen durften. Es war eine großartige Erfahrung so viele unterschiedliche Menschen aus so vielen Nationen zu treffen, die für den energieeffiziennten Gebäudebau weltweit brennen und mit uns den Weg gehen, den Passivhaus-Standard für eine bessere und nachhaltigere Zukunft zu implementieren.
Wir möchten uns ganz besonders bei allen Vortragenden, Ausstellern, Unterstützern und natürlich bei allen Besuchern der 23. Internationaeln Passivhaustagung bedanken. Sie alle haben diese Tagung so besonders gemacht!
Nach der Tagung ist vor der Tagung! Die Vorbereitungen für die 24. Internationale Passivhaustagung laufen bereits, wir freuen uns schon, Sie im nächsten Jahr in Berlin willkommen zu heißen!